Wie verbleibt eine Werbebotschaft langfristig im Gedächtnis meiner Zielgruppe? Für Aufmerksamkeit und Sympathie setzt Storytelling gezielt auf Emotionen.
Bei der Entwicklung einer Marketing-Strategie definiert man, welchen Personenkreis man ansprechen möchte und welche Kernbotschaften zu transportieren sind. Im Rahmen der Mediaplanung wird festgelegt, wo und mit welchem Budget man seine Zielgruppe anspricht. Aber wie bleibt man im Gedächtnis?
Thomas Koch, Kolumnist der Wirtschaftswoche, geht in einem Gastbeitrag davon aus, dass jede Person im Durchschnitt täglich mehreren tausend Werbeeindrücken ausgesetzt ist. Das Gehirn sieht sich mit einem überwältigenden Rauschen konfrontiert, weshalb es selektiv entscheidet, welche Botschaften es wahrnimmt und welche “aussortiert” werden. Ein wesentlicher Aufmerksamkeitsfilter sind Emotionen. Diese geschickt einzusetzen, gelingt mit Geschichten im Rahmen des Storytellings.
Was ist Storytelling?
Definition: Storytelling bedeutet das Erzählen von Geschichten als Methode, um Wissen, Informationen oder Ideen zu vermitteln.
Die erzählten Geschichten können real oder ausgedacht sein. Die Absicht von Storytelling ist es, Inhalte möglichst einfach, anschaulich und einprägsam zu transportieren, damit sie beim Empfänger leicht verarbeitet und langfristig gespeichert werden.
Storytelling findet man beispielsweise
- im Journalismus
- in der Psychotherapie
- im Bildungsbereich
- im Marketing
- in der Unternehmenskommunikation
Kurz gesagt lauten die beiden Hauptziele von Storytelling im Marketing:
- Aufmerksamkeit in der Zielgruppe generieren
- Inhalte bei Entscheidern einprägsam verankern.
Gelingt dies, landen Unternehmen und Marken im „Relevant Set“ des Konsumenten. Sie werden also im Bedarfsfall bei einer Kaufentscheidung berücksichtigt.
Aktuelles Beispiel: Storytelling von Nespresso
Ein aktuelles Beispiel für Storytelling im Marketing-Kontext ist die Werbebotschaft von Nespresso. Anstatt den Kaffee und seine Eigenschaften zu beschreiben, erzählt George Clooney als Testimonial die „Geschichte einer Entscheidung“. Protagonist ist Humberto, Mitglied einer vor Jahren von Nespresso gegründeten Gemeinschaft in Jardín, Kolumbien.
Durch Nespressos Initiative verdienten die Kaffeebauern mehr Geld, hätten mehr Freizeit und auch die Kaffee-Qualität habe sich verbessert. Humberto habe es sich sogar leisten können, seine Tochter Andrea auf die Universität zu schicken. Es seien „unsere Entscheidungen, die uns ausmachen“ – eine Botschaft, die zum Produkt passt. In Erinnerung bleibt der Spot aufgrund seiner authentischen Bilder aus Kolumbien und einer familiären Geschichte, mit der man sich identifiziert.
Tipp: Events bestehen aus Emotionen. Nutzen Sie diese gezielt in der Vermarktung. Wie läuft die Vorbereitung/ der Aufbau? Was geschieht während des Events? Erzählen Sie Geschichten rund um das Event und promoten Sie diese beispielsweise über Social Media.
Grundsätze für gutes Storytelling
Prinzipiell ist Storytelling für jedes Produkt und jede Dienstleistung geeignet. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, lassen sich vielerorts erzählenswerte Geschichten finden oder konstruieren. Wichtig ist es, stets authentisch zu bleiben, denn wer unglaubwürdig ist, riskiert das Vertrauen der Zielgruppe.
Es gibt fünf Grundsätze, an die man sich beim Storytelling halten sollte:
- Es muss einen Grund geben, die Geschichte zu erzählen. Nur wenn man sich im Klaren darüber ist, welche Botschaften man transportieren möchte, lassen sich erzählenswerte Inhalte und eine spannende Handlung entwickeln.
- Ohne Helden gibt es keine Geschichte. Was für jeden Roman gilt, gilt auch für Storytelling im Marketing. Der Protagonist trägt die Handlung. Der Nutzer identifiziert sich mit ihm.
- Die Geschichte beginnt stets mit einem Konflikt oder einer Aufgabe. Um Spannung zu erzeugen, darf die Lösung des Problems nie am Anfang stehen. Der Protagonist überwindet im Laufe der Erzählung den Konflikt, der am Ende gelöst wird.
- Wer begeistern möchte, braucht Emotionen. Daten und Fakten lösen beim Empfänger keine Gefühle aus. Ein emotionaler Gefühlsbogen kann sich von Verzweiflung über Sehnsucht oder Hoffnung bis zur Freude spannen.
- Gute Geschichten haben virales Potenzial. Sie bleiben im Kopf und werden gerne weitererzählt, oftmals über Jahrzehnte hinweg, wie die Märchen der Gebrüder Grimm. Social Media ist der Katalysator, der die erforderliche Infrastruktur zum Teilen liefert.
Produktvermarktung mit Storytelling
Wer beispielsweise vor der Aufgabe steht, einen neuen PKW vorzustellen, könnte die Geschichte des verantwortlichen Designers erzählen. Als Einladung zur Präsentation des neuen Autos könnte eine Skizze des Prototypen dienen. Sie wird zusammen mit einem Anschreiben versendet, das erzählt, wie der Designer seinen Beruf erlernt hat, wie er an die Aufgabe herangegangen ist und welche Gedanken seinem Entwurf zugrunde liegen.
Auf dem Event selbst könnte man den Gästen einen Skizzenblock mit Bleistift überreichen und sie bitten, sich selbst am Design einer Skizze zu versuchen. Der Designer ist schließlich selbst vor Ort, erzählt, wie viele Entwurfsphasen er benötigte, welche Schwierigkeiten er im Designprozess überwinden musste und wie aus der ersten Skizze schließlich der finale Entwurf wurde. Dann enthüllt er feierlich das neue Modell, womit die Entstehungsgeschichte ihren Höhepunkt findet und endet.
Tipp: Geschichten leben von Menschen. Produkte und Dienstleistungen werden von Menschen für Menschen gemacht. Überlegen Sie, an welchem Punkt der Entstehung oder Nutzung Sie erzählenswerte Geschichten finden: Was war die ursprüngliche Idee für die Produktentwicklung? Welche Menschen arbeiten in der Produktion und im Kundenservice? Wie verändert sich das Leben der Menschen, die das Produkt nutzen?
Event-Vermarktung mit Storytelling
Auch bei der Bewerbung von Events lässt sich Storytelling einsetzen. So kann man eine Geschichte schon im Vorfeld aufbauen und über verschiedene Kanäle mehrstufig erzählen. Der hierbei erzeugte Spannungsbogen erfährt seinen Höhepunkt auf dem Event, wo die Geschichte live vor Ort zu Ende erzählt wird.
Tipp: Beziehen Sie Ihre Teilnehmer direkt in den Handlungsablauf mit ein. Es entsteht eine emotionale Bindung und Ihr Event wird zum persönlichen Erlebnis, an das sich die Gäste auch im Nachhinein noch erinnern.
Storytelling mit Events – erfolgreiche Beispiele
Der Erfolg von Storytelling-Maßnahmen lässt sich unter anderem daran ablesen, wie intensiv die Inhalte in den sozialen Medien „geliked“, diskutiert und geteilt werden. Besonders gelungene Aktion schaffen es in relativ kurzer Zeit, Millionen von Interaktionen mit ihrer Zielgruppe zu generieren.
Red Bull Stratos: Fallschirmsprung von Felix Baumgartner
Sehr große mediale Aufmerksamkeit erreichte zum Beispiel das Projekt „Red Bull Stratos“ im Jahr 2012. Der Basejumper Felix Baumgartner sprang mit einem Fallschirm aus 40 km Höhe und brach dabei mehrere aeronautische Rekorde. Der von Youtube angebotene Livestream zum Event wurde in Spitzenzeiten von bis zu 8 Millionen Menschen gleichzeitig gesehen. Die Geschichte passt perfekt zum Unternehmens-Claim „Red Bull verleiht Flügel“ und hat sich nachhaltig festgesetzt.
WestJet: Weihnachtsgeschenk-Aktion
Ein weiteres Beispiel für erfolgreiches Storytelling kommt aus den USA. „Wunder werden wahr“ lautete das Motto einer Weihnachtsaktion, mit der die amerikanische Fluglinie WestJet ihre Kunden begeisterte. Der Weihnachtsmann in einem interaktiven Screen fragte alle Gäste, die die Bordkarte scannten, was sie sich zu Weihnachten wünschen. Am Zielflughafen trudelten die Geschenke dann auf das Gepäckband, von warmen Socken bis zum 50-Zoll-Fernseher. Die Reaktionen der Beschenkten waren sehr emotional und reichten von Dankbarkeit über Staunen bis zu großer Freude. Das fünfminütige Video, das die Aktion dokumentiert, kommt auf Youtube bisher auf fast 50 Millionen Aufrufe.
Fazit
Storytelling im Marketing zielt darauf ab, die Aufmerksamkeit des Zuschauers/Zuhörers über emotionale Geschichten zu gewinnen und Werbebotschaften wirkungsvoll und langfristig zu platzieren. Events bieten ideale Voraussetzungen für eine direkte Interaktion mit der Zielgruppe. Teilnehmer können selbst ein Teil der Geschichte werden, was zu hohen Erinnerungs- und Sympathiewerten führen kann.